Erlebnisse eines Chormitglieds Wer aus unserer Gemeinde hat sich wohl nicht gefragt: „Was soll das? Jesus Chris-tus als Star eines Musicals und das zusammen mit Bachs Matthäuspassion, die uns so vertraut ist und nicht entweiht werden darf?“. Solche und andere Fragen stellten wir Chormitglieder uns ebenfalls, als unser Chorleiter Pascal F. Skuppe sein Projekt ankündigte. In monatelanger Arbeit mit vielen Extraproben und an einem ganzen Probenwochenende, erlebten wir, dass Andrew Lloyd Webbers ‚Jesus Christ‘ nicht blasphemisch ist. Aber Texte und Musik ver-stören Mitwirkende wie Hörer mit ihren drängenden Rhythmen und oft schrillen Akkorden, und das wollen sie auch. Sie rissen uns aus unseren Hörgewohnheiten und zwangen uns, einen anderen Blick auf Jesus und sein unbegreifliches Leiden zu richten, auf seinen Jünger Judas, auf Maria Magdalena und auf Pilatus. Johann Sebastian Bachs Passionsmusik führte uns immer wieder zurück zum Evangelium. Als Chor lebten wir in einer kaum erträglichen Spannung zwischen dem wilden Geschrei der Menge ‚Lass ihn kreuzigen‘ und dem ‚Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe‘ des Chorals. Wir waren Handelnde wie glaubend Antwortende – ein bewegendes und uns gewiss durch die Passionszeit begleitendes Erlebnis. Als wir den Chorraum verließen, fiel der Blick auf das kostbare spätgotische Holzbildnis der Grablegung Jesu an der Wand zur Sakristei – ‚wir setzen uns mit Tränen nieder.‘ In der Probenzeit wuchsen der Ramelsloher und der Maschener Kirchenchor zu einer Gemeinschaft zusammen, die durch junge Sängerinnen und Sänger vom Chor der Musikhochschule Hamburg erweitert wurde. In Bachs Eingangschor schwebten die hellen Stimmen des Jugendchores im Choral über uns. Das ‚Bachorchester‘ und die Rock Band gaben uns das musikalische Fundament und rissen uns mit. Die Hörer in unserer dreimal voll besetzten Kirche folgten dem bewegenden Geschehen zwischen Gethsemane und Golgatha mit nicht nachlassender Aufmerksamkeit. Nach dem Verklingen des letzten Akkordes verharrten sie noch lange in Stille und dankten erst dann allen Mitwirkenden mit anhaltendem, begeistertem Applaus, besonders den Solisten und den beiden Dirigenten Cornelius Trantow und auch Pascal F. Skuppe, dem wir alle dieses bewegende Erlebnis verdanken. In unserer ehrwürdigen Stiftskirche ist Bachs Matthäuspassion bisher noch nie erklungen. Dass dies möglich wurde, verdanken wir großzügigen Sponsoren, fast 200 Mitwirkenden und nicht zuletzt den vielen Helfern im Hintergrund. Ob sie die schweren Podeste für den Chor heranschafften und aufbauten (und nach einer schlaflosen Nacht noch zusätzlich sicherten), ob sie Zelte aufschlugen, ob sie mit kaum übersehbaren Mengen an Speisen und Getränken für die hungrigen Musiker in der Pause zwischen zwei Aufführungen beitrugen oder das Gemeindehaus anschließend wieder in Ordnung brachten , ob sie sich an einem ‚Fahrdienst‘ für die auswärtigen Musiker beteiligten und anderes mehr – viele, viele ungenannte Helfer haben wieder einmal gezeigt, wie lebendig es in unserer Gemeinde und in der Nachbargemeinde Maschen zugeht, wenn es gilt, ein großes Projekt zu verwirklichen. Allen diesen Helfern im Hintergrund sei von Herzen gedankt.
Adelheid Haas
(Quelle: Turmhahn März 2013)